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Weltfrauentag – Break the Bias

Am 8. März wird der Internationale Frauentag gefeiert. In 26 Ländern weltweit ist er ein gesetzlicher Feiertag. In Deutschland hat er diesen Status ausschließlich in Berlin. Das Motto des diesjährigen Weltfrauentags: “Break the Bias”, was übersetzt so viel heißt wie: „Bekämpft Vorurteile“. Es geht dabei um die Ablehnung von Vorurteilen, von sozialem Stigma und Ungleichheit.

Zur Geschichte des Weltfrauentags

Frauen sollten wählen dürfen. Darüber waren sich die Teilnehmerinnen der Sozialistischen Frauenkonferenz im August des Jahres 1910 in Kopenhagen einig. Um ihrer Forderung mehr Gewicht zu verleihen, hatte eine der Aktivistinnen, die deutsche Clara Zetkin, eine Idee: Die Einführung des Internationalen Frauentags. Nur wenige Monate später, am 19. März 1911 war es soweit: Mitglieder der Frauenbewegung demonstrierten zu diesem Aktionstag länderübergreifend für die Einführung des Frauenwahlrechts.

Denn was für uns heute unvorstellbar wäre, war vor etwas über 100 Jahren noch Realität. Frauen wurden vom politischen Leben ausgeschlossen und hatten am Wahltag in Deutschland nur eines tun: Zu Hause zu bleiben. Erst im Jahr 1918 wurden die Forderungen nach Gleichberechtigung erhört und das Wahlrecht für Frauen gesetzlich verankert.

Zur Zeit des Nationalsozialismus verlor der Internationale Frauentag jedoch seine Bedeutung und wurde durch den Muttertag ersetzt. Frauen hatten keine sozialistischen Aktivistinnen mehr zu sein, sondern sollten wieder dem traditionellen Bild einer fürsorglichen Ehefrau und Mutter entsprechen. Erst mehrere Jahrzehnte später, in den späten Sechziger Jahren, wurde der Internationale Frauentag in Deutschland zurück ins Leben gerufen. Aktivistinnen im ganzen Land forderten größere Anerkennung, mehr Selbstbestimmung und eine gerechtere Bezahlung. Schließlich folgte der politische Durchbruch: Die Vereinten Nationen erklärten das Jahr 1975 zum Internationalen Jahr der Frau und den 8. März zum offiziellen Weltfrauentag.

Zur Bedeutung des Weltfrauentags in unseren Projektländern

Auch wenn im Laufe des letzten Jahrhunderts die Emanzipation in vielen Bereichen voranschritt, herrschen vor allem in den Ländern des Globalen Südens noch große Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen. Als „Länder des Globalen Südens“ gelten die Länder, die früher als Entwicklungs- und Schwellenländer bezeichnet wurden. Die Mehrzahl dieser Länder liegt in Afrika, Latein- und Südamerika sowie Asien. Das sind die Länder, auf die wir unsere Hilfe für Spaltkinder fokussieren. Länder, in denen es die mit einer Spaltfehlbildung geborenen Mädchen und deren Mütter besonders schwer haben.

Verhext, verflucht, verstoßen

Je größer die Armut, desto niedriger das Bildungsniveau. Ursachen der Fehlbildung und Behandlungsmöglichkeiten für ein Spaltkind sind nur den wenigsten Eltern bekannt. Für den „Fluch“ über der Familie wird oft die Mutter verantwortlich gemacht. So ist der Glaube, dass eine Frau während der Sonnenfinsternis nichts schneiden darf, da sie sonst ein Spaltkind gebären wird, immer noch weit verbreitet. Die Konsequenzen sind schwerwiegend. Spaltkinder werden von ihren Eltern versteckt, erfahren keine Zuwendung und wachsen mitunter in völliger Isolation auf. Und auch die Mütter trifft das Schicksal hart. Sie werden von ihren Männern und Schwiegermüttern geächtet und missachtet, im schlimmsten Fall aus der Gemeinschaft ausgestoßen. Für die Frauen stellt das soziale Stigma neben der erhöhten Sorge für und um ihr Kind eine große Belastung dar.  

Um diesen Vorurteilen zu begegnen und die Frauen zu stärken, leisten unsere Teams vor Ort umfassende Aufklärungsarbeit. Sie informieren über Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten, über Risikofaktoren und mögliche Prävention.

Ist ein Mädchen weniger wert?

Für die Familien, bei denen Armut den Alltag der Menschen beherrscht, ist die Geburt eines Spaltkinds mit großer Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und existenzieller Angst verbunden. Das gilt besonders dann, wenn es sich um ein Mädchen handelt. Ist eine Tochter in vielen Ländern weltweit grundsätzlich weniger wert als ein Sohn, sinkt der „Wert“ durch die Fehlbildung noch zusätzlich. Statt Förderung erfahren die Mädchen Ablehnung und Missachtung. In Indien wird für Mädchen und Frauen durchschnittlich wesentlich weniger Geld für medizinische Behandlungen ausgegeben als für Jungen bzw. Männer. Die Folgen sind fatal. Ohne Behandlung haben die betroffenen Kinder kaum eine Chance im Leben. Der Besuch einer Schule ist nur wenigen vergönnt. Doch gerade für Frauen spielt Bildung eine zentrale Rolle.

Die Operation und idealerweise weitere Folgetherapien schaffen den betroffenen Mädchen Zugang zu Bildung, machen sie stark und ebnen ihnen den Weg in ein selbstbestimmtes Leben.

Break the Bias

In unseren Projektländern ist die Gleichberechtigung von Mann und Frau noch längst keine Selbstverständichkeit. Wir freuen uns daher sehr über die zahlreichen Therapeutinnen und Projektmitarbeiterinnen in unseren einheimischen Teams. Und auch die Männerdomäne der Chirurgie ist mit Frauen besetzt: In Peru und Indien sind drei Chirurginnen im Einsatz, in Pakistan zwei und in Bangladesch, Bolivien und Afghanistan gibt es jeweils eine Chirurgin. Insgesamt sind das zehn Chirurginnen, die hinter unserer Hilfe für Spaltkinder stehen. Sie alle engagieren sich Tag für Tag für unsere kleinen Patient*innen.

Gekreuzte Arme vor der Brust: das Symbol des Weltfrauentages 2022. Ein Symbol für den Kampf gegen Vorurteile und Diskriminierung. Und ein Signal an unsere kleinen Patient*innen: Du bist stark. Auch du kannst später Ärztin werden!