Soorya hatte einen traurigen Start ins Leben. Ihre Familie lebt in Wayanad, einer ländlichen Region im Bundesstaat Kerala. Sie gehört einer ethnischen Minderheit an. Sooryas Eltern sind arm und müssen hart arbeiten, um ihr Leben zu bestreiten. Am 15. Mai 2009 wird Soorya geboren. Das junge Paar hatte auf einen Sohn als Erstgeborenen gehofft. Nun ist es ein Mädchen – und das auch noch „behindert“. Was es mit der Spalte an Sooryas Lippe und im Gaumen wirklich auf sich hat, verstehen Sooryas Eltern nicht. Sie suchen die Schuld bei sich. Wehrlos sind sie dem Spott der Nachbarn ausgesetzt und wissen nicht, wie es weiter gehen soll. Sooryas Vater hält diesen Druck nicht aus und nimmt sich kurz nach Sooryas Geburt das Leben.
Nach dem Tod ihres Mannes ist Sooryas Mutter auf sich alleine gestellt. Tapfer kämpft sie um das Leben ihrer Tochter – das Füttern des Babys ist durch den offenen Gaumen nicht einfach. Zudem hat sie es als Witwe besonders schwer. Stirbt der Mann, verliert auch seine Frau ihr Leben. Dieser Glaube ist in vielen Regionen Indiens noch immer weit verbreitet. Ohne Mann ist eine Frau wertlos, wird diskriminiert und lebt am Rand der Gesellschaft.
Als Soorya größer wird, schützt die Mutter ihr Mädchen vor den Hänseleien der anderen Kinder. Soorya ist bereits acht Jahre alt, als Mitarbeiter unseres Behandlungszentrums in Mangaluru das Mädchen in ihrem Heimatdorf entdecken. Die Spalte in Sooryas Oberlippe zieht sich bis zur Nase, dazu hat sie noch eine Deformation an der Unterlippe. Zusätzlich zu diesen offensichtlichen Auswirkungen der angeborenen Fehlbildung kommt der offene Gaumen, der Sooryas Leben stark beeinträchtigt. Im Laufe der Jahre hat sich die Gaumenspalte vergrößert. Das Mädchen kann nicht richtig essen und trinken und spricht nur schwer verständlich. Von anderen Kindern wird sie gehänselt und geht deswegen nur selten zur Schule. Soorya lebt mit ihrer Mutter im Haus des Großvaters. Die Mutter verdient den Unterhalt für die Familie als Tagelöhnerin auf Kokosnuss- und Betelnussplantagen. Sie ist gezeichnet von den Schicksalsschlägen und der ständigen Sorge um ihre Tochter. Unsere Projektmitarbeiter erklären der Familie, dass Soorya geholfen werden kann. Mindestens zwei Operationen werden nötig sein. Dr. Naveen Rao, ein erfahrener Chirurg und Leiter eines unserer beiden Spaltzentren in Mangaluru, wird sie durchführen – kostenlos. Sooryas Mutter hat endlich wieder Hoffnung.