Auch wenn in Deutschland das Bewusstsein für eine inklusivere und sensiblere Sprache in den letzten Jahren zugenommen hat, begegnen wir den diffamierenden Zoomorphologien auch in unserer Arbeit noch zu häufig. Wenn wir Außenstehenden erklären, dass wir benachteiligten Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten die dringend nötigen Operationen finanzieren, kommt oft die Frage zurück: „Ach, also Kinder mit Hasenscharte?“. Auch wenn die Verwendung dieses Begriffs meist nicht böse gemeint ist, sollten wir ihn aus Respekt gegenüber Betroffenen nicht weiter verwenden. Stattdessen ist es uns ein Anliegen, die medizinisch korrekten Begriffe wie „Lippenspalte“, “Gaumenspalte” beziehungsweise „Lippen-Kiefer-Gaumenspalte“ populärer zu machen. Eine Studie des Universitätsklinikums Leipzig konnte zeigen, dass das medizinische Fachpersonal der Klinik zwar mehrheitlich die medizinisch korrekten Termini verwendete, aber doch nicht alle. Und wenn selbst Ärztinnen und Ärzte noch immer Begriffe wie “Hasenscharte” benutzen, ist es wenig verwunderlich, dass die Verbreitung im nicht medizinischen Kontext noch größer ist.
Toleranz, Unterstützung und Behandlung
“Wie geht es dir?” statt “Was hast du da?”, “Was brauchst du?” statt “Warum hast du das?”, “Du bist toll” statt “Du bist anders”. Betroffene mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalte leiden nicht nur unter den funktionellen Folgen ihrer Spaltbildung, sondern auch unter ihrem offensichtlichen “Anderssein”. In Deutschland erhalten Kinder mit Spaltbildung meist schon früh eine Behandlung, wodurch das Risiko für gesundheitliche Komplikationen minimiert werden kann. Doch auch hierzulande sind Betroffene nicht befreit von Spott, Ausgrenzung und Häme. Die Selbsthilfevereinigung “Wolfgang Rosenthal Gesellschaft” hat dazu einen eindrücklichen Beitrag namens “Einzigartig! Ein Film von und für junge LKGS-Betroffene” veröffentlicht. Hier wird deutlich, welchen Einfluss Sprache auf das Leben eines Menschen haben kann. Um den Betroffenen mit Respekt und Toleranz zu begegnen, verwenden wir keine diffamierenden Begriffe wie “Hasenscharte” oder “Wolfsrachen”. Machen Sie mit und andere darauf aufmerksam, um so in unserer Gesellschaft zu einer gerechteren Sprache zu finden.
Den Kindern in unseren Projektländern können sie mit Ihrer Spende helfen. Denn diese haben oft keinen Zugang zu einer Behandlung. Ihre Eltern können sich die Operation nicht leisten oder sie wissen schlichtweg nichts von den Behandlungsmöglichkeiten. So werden viele Betroffene erst im Erwachsenenalter operiert und von ihrer Spalte befreit. Viele auch nie. Sie leiden dann ein Leben lang unter den Wunden von Ausgrenzung und Scham. Die Operation zum Verschluss der Spalte ist für sie die Voraussetzung für ein Leben in Würde und Gemeinschaft.